Projektmanagement Methode: Konfigurationsliste

Projektmanagement Methode: Konfigurationsliste

Projektmanagement Methode: Konfigurationsliste

Die Konfigurationsliste kann auch als Stückliste, Teileliste, Komponentenliste, Inkrement Board, etc. bezeichnet werden.

Es ist eine tabellarische Aufstellung der Teile, aus denen die Projektleistung, die erstellt werden soll, besteht. Die Komponenten dieser Liste können sowohl technischer Natur sein, als auch immaterielle Güter oder Dienstleistungen. Damit ist sie ein Bestandteil des Pflichtenheftes. Sie kann Teil des Projektvertrages sein, soweit der Kunden diese Informationen bekommen soll. Für den Projektleiter und sein Team enthält sie eine Aufstellung der Produktkomponenten, die im Verlaufe des Projektes zu erstellen sind.

Diese Stückliste muss am Anfang des Projektes nicht im Detail fertig sein. Es reicht völlig, wenn die Teile, die zuerst hergestellt werden so genau beschrieben sind, dass die Leistungsersteller wissen, was genau erstellt werden soll.

Nehmen wir einmal an das Produkt ist ein Haus und zunächst soll der Keller ausgeschachtet werden. In der Konfigurationsliste muss dann die Größe dieses „Loches“ das hier entstehen soll im Detail beschrieben werden. Eine exakte Beschreibung der Bodenplatte ist noch nicht notwendig. Aber bevor mit dem Gießen des Kellers begonnen wird, muss zumindest geklärt sein, wo die Abflüsse für das Haus gebaut werden sollen und wie groß die Tragfähigkeit für das gesamte Gebäude sein muss. Aber eine genaue Beschreibung der Küchenausstattung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig.

Die Konfigurationsliste kann sich also im Verlaufe des Projektes weiter verfeinern. Die genaue Beschreibung der einzelnen Komponenten findet sich in der Ergebnisbeschreibung der Arbeitspakete. Sie kann natürlich auch in anderen Dokumenten erstellt werden, z.B. als Konstruktionszeichnung, Bauplänen, etc. Da jede Branche ihre eigenen etablierten Formen für die Beschreibung ihrer Leistungen hat, gibt es hier von Seiten des Projektmanagement wenige vorgeschlagene Methoden.

Die Konfigurationsliste steht in einem direkten Bezug zu dem Produktstrukturplan, der natürlich nicht zwangsweise verwendet werden muss, soweit in dem projektierenden Unternehmen andere Formen der Leistungsstrukturierung, bzw. Beschreibungen genutzt werden.

Konfigurationsliste

In Spalte 1 wird die Produktstrukturplan-Nummer der Komponente genannt. Diese Ordnungszahl kennzeichnet die einzelne Komponente. Sie kennzeichnet diese Teilkomponente eindeutig. Eine „übergeordnete Komponente“, die „untergeordnete“ Komponenten hat, kann in kleinere Einheiten unterteilt werden. Sie repräsentiert nur die kleineren Einheiten. Hergestellt werden die kleineren Einheiten, aus denen dann die übergeordnete Komponente entsteht.

Spalte 2 enthält den Kurznahmen der Komponente.

In Spalte 3 steht die Beschreibung der Komponente. Wenn die Komponentenbeschreibung umfangreicher ist, kann hier auch auf weitere Dokumente referenziert werden.

Spalte 4 stellt die direkte Verbindung zu den Projektzielen her. „Übergeordnete Ziel“ werden durch die untergeordneten Ziele erreicht. Deswegen müssen hier nicht alle Ziele aufgeführt werden, sondern nur die unterste Zielebene. Diese Spalten dienen der Prüfung der Konsistenz von Ziel und erstellter Leistung. Eine Leistung zu erstellen, die kein Ziel erfüllt ist eher eine Verschwendung von Ressourcen. Andererseits muss jedes Ziel erfüllt werden, indem eine Leistung erstellt wird, die dieses Ziel erfüllt. Natürlich gibt es die Möglichkeit eine Leistung zu erstellen, die mehrere Ziele erfüllt. Wir haben es hier mit einer (Leistung = 1 zu Ziel = N Beziehung zu tun.

Die Spalten 5 bis 7 stellen den Bezug zwischen den Arbeiten die durgeführt werden und die im Projektstrukturplan; Vorgangsliste; Arbeitspaketbeschreibungen dargestellt sind. Diese Spalten können also erst nach der Konfigurationsliste erstellt werden und werden nach der Planung ergänzt. Hier finden wir dann die Arbeitspaket-Nummern der Arbeitspakete, die zur Leistungserstellung notwendig sind und zusätzlich die Schätzungen zur Arbeitszeit und den Kosten der Teilleistung.

Spalte 8 für die Nummern der Änderungsanträge findet dann Verwendung, wenn die Leistungsbeschreibung durch einen genehmigten Änderungsantrag verändert wird. Hier wird die Antragnummer eingetragen, die zu der neuen Konfiguration geführt hat. Damit sind die Änderungen und die Änderungsursachen jederzeit nachvollziehbar.

Projektmanagement Methode: Dreipunktschätzung

Projektmanagement Methode: Dreipunktschätzung

Projektmanagement Methode: Dreipunktschätzung

Die 3-Punkt-Schätzung wird auch als Drei-Zeiten-Methode oder als PERT-Schätzung bezeichnet. 

In dieser Schätzung werden drei Schätzungen abgebeben. 

  • Pessimistisch (Worst Case)
  • Realistisch (Likely Case)
  • Optimistisch (Best Case)

Die einzelnen Schätzungen werden gewichtet. Dabei bekommt die realistische Schätzung das größte Gewicht.

Wenn die realistische Schätzung mit einem Faktor drei gewertet wird, ergibt sich der berechnete Wert so:

PERTSchatzung

Diese Schätzung ist einfach durchzuführen und ergibt recht gute Schätzwerte. Allerdings geht sie von einer symmetrischen Wahrscheinlichkeitsfunktion aus und das Schätzmodell erklärt nicht, warum der realistische Wert mit einem Faktor 3 bewertet wird. Jegliche andere Bewertung ist ebenfalls möglich.

3-Punkt-Schätzung mit absoluter Wahrscheinlichkeit

 Schätzungen unterliegen aber eine asymmetrischen Verteilungsfunktion (Tom DeMarco: Bärentango, Leipzig 2003). 

Die Funktion hat dann die folgende Form (Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bd/3-Punkt-Sch%C3%A4tzung_Wahrscheinlichkeitsfunktion.PNG)

dreiPunktVerteilungsfunktion

 Der Schätzer schätzt also meistens eher zu optimistisch. Die sinnvolle Schätzung liegt eher in Richtung des pessimistischen. Die Schätzung der drei Punkte wird mit der hier dargestellten Verteilungsfunktion bewertet. Das führt zu besseren Schätzergebnissen.

Zur Berechnung der Dreipunkt-Schätzung mit Hilfe dieser Verteilungsfunktion finden sich eine Reihe von Exel Tabellen im Internet, in denen diese Formel hinterlegt ist.

 

 

Projektmanagement Methode: Schätzen mit der Delphi-Methode

Projektmanagement Methode: Schätzen mit der Delphi-Methode

 

Die von RAND-Corporation und O. Helmer entwickelte Delphi-Methode ist eine strukturierte Mehrfachbefragung. Es werden folgende Formen unterschieden:

  • Standard Delphi-Methode
  • Breitband Delphi-Methode

Bei beiden Methoden führen die einbezogenen Experten ihre Schätzung anonym durch und geben diese anonym ab. Die Breitband-Delphi-Methode – als Erweiterung der Standard-Delphi-Methode – schließt allerdings ein, dass das zusammengefasste Ergebnis untereinander diskutiert wird.

Die Ablaufschritte bei der Standard-Delphi-Methode

  1. Der Projektleiter schildert jedem Experten das Projektvorhaben und händigt ihm ein Schätzformular aus.
  2. Jeder Experte füllt getrennt das Formular aus. Dabei dürfen Fragen lediglich mit dem Projektleiter besprochen werden. Eine Diskussion zwischen den Experten ist nicht gestattet.
  3. Projektleiter analysiert die Angaben. Falls Schätzwerte eines Paketes stark voneinander abweichen, werden diese mit Kommentar auf einem neuen Formular erfasst.
  4. Das neue Formular wird erneut zur selbstständigen Überarbeitung an die Experten gereicht.
  5. Die Schritte 2-4 werden so lange wiederholt, bis die gewünschte Annäherung der Ergebnisse erreicht ist oder der Projektleiter die Ergebnisse akzeptiert.
  6. Der Durchschnittswert der letzten Überarbeitung der Ergebnisse aller Aufgabenpakete stellt das endgültige Schätzergebnis dar.

Breitband-Delphi-Methode

Die Breitband-Delphi-Methode ist dadurch gekennzeichnet, dass zu Beginn und zwischen jeder Interaktion gemeinsame Sitzungen abgehalten werden, in denen die Schätzaufgaben und das Zwischenergebnis der vorausgegangenen Schätzrunde miteinander diskutiert werden.

Folgende Schritte werden bei der Breitband-Delphi-Methode durchlaufen:

  1. Der Projektleiter schildert jedem Experten das Projektvorhaben und händigt ihm ein Schätzformular aus.
  2. Vom Projektleiter wird eine Sitzung einberufen, in der die Experten miteinander, unter Moderation des Projektleiters, die zu erstellende Aufwandsschätzung diskutieren.
  3. Anschließend füllt jeder Experte getrennt das Formular aus.
  4. Der Projektleiter fasst die einzelnen Schätzaussagen in einem Formular zusammen, begründet die Angaben und Unterschiede allerdings nicht. Das Formular wird wieder an alle Experten verteilt.
  5. Der Projektleiter beruft eine Sitzung ein, in der vor allem die großen Abweichungen einzelner Schätzungen diskutiert werden.
  6. Die Experten überarbeiten ihre Ergebnisse selbstständig und übergeben diese dem Projektleiter.
  7. Die Schritte 2-5 werden solange wiederholt, bis die gewünschte Annäherung erreicht ist oder der Projektleiter die Ergebnisse akzeptiert.
  8. Der Durchschnittswert der letzten Überarbeitung der Ergebnisse aller Aufgabenpakete stellt das endgültige Schätzergebnis dar.

Vorteile

Die Anonymität der Delphi-Methode ist ein großer Vorteil für die Befragten. Vor allem nach dem ersten Feedback können sie ihre Meinung ändern, ohne ihr Gesicht zu verlieren.
Ein weiterer Vorteil der Delphi-Methode ist, dass die persönliche Meinung nicht durch den natürlichen Drang einer Gruppe nach Konformität und durch die Dominanz einer oder mehrerer Personen in einer Gruppe beeinflusst wird. Bei stark innovativen Vorhaben ist es oft die einzige sinnvolle Methode.

Nachteile

Als Nachteil ist bei beiden Formen der Delphi-Methode der große Zeitbedarf für das Durchführen der Schätzung zu sehen. Hinzu kommt, dass bei der Breitband-Methode die notwendige vollständige Anonymität der beteiligten Experten nicht immer gewahrt bleiben kann.

 

Projektmanagement Methode: Schätzklausur

Projektmanagement Methode: Schätzklausur

Projektmanagement Methode: Schätzklausur

Bei der Schätzklausur werden die Arbeitspakete geschätzt, die zur Erstellung der Projektleistung abgearbeitet werden müssen. 

AblaufSchaetzklausur

Die Schätzer befinden sich in einem Raum, in dem sie die Schätzungen gemeinsam vornehmen. 

  1. Die Schätzer bekommen vom Projektleiter das Gesamtprojekt vorgestellt. Das geschieht zumeist anhand des Projektsteckbriefes.
  2. Den Schätzern werden die Projektanforderungen und die Strukturpläne des Projektes präsentiert.
  3. Den Schätzern werden die Schätzmethode und die Regeln der Schätzung erläutert. Danach beginnt die Schätzung der einzelnen Arbeitspakete.
  4. Die Schätzer diskutieren gemeinsam, wie umfangreich das Ergebnis des Arbeitspaketes in ihrer Wahrnehmung ist und legen fest, wie hoch die Mitarbeiterzahl für das Arbeitspaket sein wird. Auch die Ressourcen, die sonst noch für das Projekt benötigt werden, werden in diesem Schritt festgelegt.
  5. Die Annahmen, die bei der Schätzung zugrunde gelegt werden, werden in der Schätztabelle aufgeschrieben.
  6. Dann schätzt jeder der Schätzer einzeln und unabhängig von den anderen Schätzern, die einzelnen Werte für das Arbeitspaket. Diese Schätzergebnisse werden ebenfalls in der Schätztabelle aufgeschrieben.

 

TabelleSchaetzklausur

Errechnet werden die Durchschnittswerte und die Standardabweichung bei allen Schätzungen. Die Schätzungen der einzelnen Schätzer werden „geheim“ gemacht. Wenn die Abweichungen der Schätzungen zu groß sind, müssen die gemeinsamen Annahmen noch einmal diskutiert werden.

 

 

 

Projektmanagement Methode: Expertenschätzung

Projektmanagement Methode: Expertenschätzung

Expertenschätzungen können auch als Expertenbefragung, Expertenprognose bezeichnet werden.

Hinter diesen Methoden verbergen sich alle Befragungen von Menschen, die zu der Prognose der Entwicklung von Projekten befragt werden – zumindest, wenn wir die in der Praxis gängige Vorgehensweise mit diesem Begriff in Bezug setzen. Damit wird quasi jeder zu einem Experten, der eine Vermutung über die zukünftige Entwicklung abgeben darf oder möchte.

Wer ist ein Experte und damit berechtigt, eine Schätzung vorzunehmen?

Häufig wird in der Literatur eine unabhängige Expertengruppe gefordert, die nichts mit dem Projekt direkt zu tun hat und auch keine Aufgaben in dem Projekt übernimmt.

Einerseits ist es schwierig eine solche Gruppe an Menschen zu finden und es kann vermutet werden, dass Menschen, die ihre eigene Schätzung nicht umsetzen müssen, tendenziell eher zu niedrig schätzen. (SCHELLER (1999), S. 10).

Andererseits wird den Menschen, die für das Projekt verantwortlich sind, häufig unterstellt, künstliche Reserven einzubauen.

Die Praxis zeigt aber, dass Projektpläne die von dem Team selber erstellt werden, genauso häufig über oder unter den erwarteten Werten liegen wie die Pläne, die nur von externen Experten geschätzt wurden. Für den Einsatz der eigenen Teammitglieder zur Schätzung spricht folgendes:

  • Die Mitglieder kennen die zu erledigenden Teilaufgaben und vermutlich besser als externe Experten.
  • Die Mitglieder kennen die eigene Leistungsfähigkeit.
  • Ein Wissenstransfer des Know-hows, das bei der Schätzklausur gewonnen wurde ist nicht notwendig, da die Projektmitglieder das Wissen gemeinsam entwickelt haben.
  • Die Mitglieder fühlen sich an die eigene Schätzung stärker gebunden als an Schätzungen, die vom „grünen Tisch“ kommen.

Ursachen für das Entstehen von Schätzfehlern

Jede Schätzung ist subjektiv. Das Schätzergebnis ist von einer Reihe von Einflussfaktoren abhängig, die nicht ausgeschlossen werden können (SCHELLER (1999), S. 15 f). Es gibt keine optimale Schätzung, die diese Faktoren ausschließen kann. Eine Verbesserung der Schätzung kann dadurch erreicht werden, dass die Einflussfaktoren den Schätzern bekannt sind.

Formulierung der Fragestellung

  • Mehrdeutige und unvollständige Formulierungen und unpräzise Fragen sind eine der Hauptquellen für Fehlinterpretationen und Fehlschätzungen. Zur Prüfung der Fragestellungen hilft der Clarity-Test. Die Schätzenden stellen sich ein allwissendes Überwesen vor, dass über eine vollständige Information über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verfügt. Wenn dieses Wesen die Frage richtig beantworten kann, dann ist die Formulierung richtig und vollständig.

Implizite Annahmen

  • In der Praxis werden bei Schätzungen häufig Annahmen zugrunden gelegt, die aber nicht ausformuliert werden. Diese Annahmen fließen in die Schätzung ein, werden jedoch nicht geäußert. Die Schätzergebnisse sind dann in Nachhinein von einem unabhängigen Dritten nicht mehr nachvollziehbar. Häufig kann sich der Schätzende auch an diese Annahmen nicht mehr erinnern.

Motivationale Einflüsse

  • Menschen die von den Schätzergebnissen betroffen sind, können dazu neigen, die Schätzungen an ihre Zielvorstellungen anzupassen. Durch eine gezielte Auswahl der Befragten kann dieser Faktor ausgeschlossen werden.
  • Andererseits werden sich in einem Unternehmen nur wenige Menschen finden lassen, die einerseits über das notwendige Erfahrungsspektrum verfügen und von dem Projekt nicht direkt oder indirekt betroffen sind.
  • Außerdem besteht die Gefahr, dass die unabhängigen Schätzer, da ihnen die Motivation für eine durchdachte Schätzung fehlt, wesentliche Einflussfaktoren bei der Schätzung außer Acht lassen und damit eher zu niedrige Schätzungen abgeben.
  • Wenn die Schätzenden das gewünschte Schätzergebnis des Auftraggebers kennen, dann besteht ein gewisses Risiko, dass unabhängige Schätzer sich an diesem Wunschergebnis orientieren und nicht an den machbaren.

Kognitive Einflüsse

  • Kognitive Einflüsse werden auch als „kognitive Biases“ genannt. Wenn sich die Schätzenden dieser Einflüsse bewusst sind, dann können die Einflussfaktoren in der Schätzung auch kognitiv ausgeglichen werden.
    • Availability: Die Neigung, jene Ereignisse als wahrscheinlicher anzusehen, die einfacher zu den individuellen Vorstellungen passen.
    • Anchoring: Das Festhalten an den vorgegebenen Zahlenwerten.
    • Desirability: Die Ergebnisse, die gewünscht werden, werden auch geschätzt. Damit ergibt die Schätzung einen zufriedenen Auftraggeber – und führt zu einem erfolglosen Projekt.
    • Controllability: Ergebnisse, die von den Schätzern beeinflusst werden, führen eher zu niedrigeren Schätzungen. Ergebnisse, die nicht beeinflusst werden, führen zu eher hohen Schätzungen.

Ein vollständiger Ausschluss dieser motivationalen Einflüsse ist also nicht möglich. Insbesondere wenn es wichtig ist, dass das Projekt in der geplanten Zeit und zu den geplanten Kosten abschließt, ist der zusätzliche Puffer, der vielleicht von den Projektmitarbeitern eingebaut wird, ein Faktor der es ermöglicht, unerwartete Situationen aufzufangen.

Arten von Expertenschätzungen

Eine Expertenschätzung kann als Einzelschätzung durchgeführt werden. Diese Einzelschätzung ist in der Projektpraxis sehr häufig. Zu den Schätzenden gehören regelmäßig:

  • Arbeitspaketverantwortliche
  • Teilprojektleiter (Gruppenleiter)
  • Projektleiter
  • Projektcontroller
  • Ersteller des Pflichtenheftes, die eine Leistungsbeschreibung entwickeln und dem Aufwand der Leistungserstellung gleichzeitig schätzen

Wird die Einzelschätzung von einem erfahrenen Fachmann vorgenommen, der schon mehrere ähnliche Tätigkeiten durchgeführt hat, haben die Werte im Allgemeinen eine hohe Genauigkeit.

Nachteilig ist, dass Einzelschätzungen keiner Kontrolle auf Richtigkeit unterliegen. Leider kommt bei einer Einzelschätzung auch nur eine Perspektive und damit eine einzelne subjektive Meinung zum Tragen. Andere Meinungen und Erfahrungen bleiben unberücksichtigt.

Bei der Mehrfachbefragung (Gruppenschätzung, Teamschätzung) wird  eine mehr oder weniger große Zahl von Expertenmeinungen eingeholt. Die Experten sollten über unterschiedliche Erfahrungsspektren verfügen und aus unterschiedlichen Organisationsbereichen kommen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ermöglichen Mehrfachbefragungen fast immer eine höhere Schätzgenauigkeit.

Mehrfachbefragungen richten sich häufig an:

  • Team der Leistungserstelle, das ein Arbeitspaket bearbeitet,
  • Team der Teilprojektleiter (Gruppenleiter) die jeweils für die Arbeitspakete verantwortlich sind
  • Projektleiter und Ersteller des Pflichtenhefters
  • Projektleiter und erfahrene Mitarbeiter des Unternehmens
  • Entscheidungsgremium

Voraussetzungen für die Durchführung einer qualifizierten Expertenschätzung

Eine Schätzung ist nur dann sinnvoll, wenn der Schätzende weiß, was genau er schätzen soll. Es muss also zumindest ein Projektauftrag vorliegen, der eine minimale Menge an Informationen über die zu erstellende Leistung enthält. Besser ist die Situation natürlich wenn bereits sein Pflichtenheft, bzw. eine detaillierte Konfigurationsbeschreibung besteht. Noch genauer wird die Schätzung möglich sein, wenn eine Beschreibung der Tätigkeiten vorliegt, die gemacht werden sollen – also mindestens ein Projektstrukturplan. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn eine vollständige Beschreibung aller Arbeitspakete vorhanden ist.

Eine ideale Situation ist gegeben, wenn folgende Grunddaten für die Schätzer verfügbar und eine Reihe von Rahmenbedingungen gegeben sind (WOLF (1999), S. 7 ff).:

  •  Die Schätzenden benötigen Informationen darüber, wie viele Stunden die Mitarbeiter am Tag am Projekt arbeiten können. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, den Arbeitstag eines Mitarbeiters nicht mit acht Stunden zu bewerten, sondern mit 80% der „Normalarbeitszeit“. Für Entwickler werden häufig nur 4-6 Stunden an effektiver Entwicklungszeit gerechnet. Wenn der Entwickler zusätzlich mit den Projektarbeiten auch noch mit Wartungsaufgaben belastet ist, dann kann es sinnvoll sein, diese Zeit noch niedriger zu wählen.
  • Der Personenstundensatz der für das Projekt und für die einzelnen Mitarbeiter zugrunde gelegt werden soll, stellt den zentralen Schlüssel für die Berechnung der Kosten aus den veranschlagten Arbeitszeiten dar. Hier ist zu entscheiden, ob die Kosten, die intern für die Mitarbeiterstunden zugrunden gelegt werden, als Ausgangsbasis gewählt wird, oder der Kostensatz, mit dem der Mitarbeiter beim Kunden abgerechnet wird.
  • Für die Schätzenden ist es sinnvoll, zu wissen welche Kostenbestandteile in dem Personenstundensatz berücksichtigt sind und welche sie zusätzlich in die Berechnung mit einbeziehen müssen.
  •  Eine störungsfreie Atmosphäre, am besten entfernt vom Arbeitsplatz und ohne die üblichen Unterbrechungen durch diverse Kommunikationsmittel, ist eine Grundvoraussetzung für ein konzentriertes Arbeiten der Expertenrunde.
  • Pro Arbeitspaket, das zu schätzen ist, sollten 10-15 Minuten veranschlagt werden.
  • Die Arbeitspaketbeschreibungen sind in ausgedruckter Form mitzubringen. Dabei sollte jeder Schätzende eine eigene Kopie zu Verfügung gestellt bekommen.
  • Ein einheitliches Verfahren zur Notierung der Annahmen und der geschätzten Ergebnisse sollte vorbereitet sein.
  • Die Regeln für die Schätzung sind vorab festzulegen und für alle sichtbar über den gesamten Schätzzeitraum auszuhängen.
  • Vor dem Beginn der Schätzung sollte festgelegt werden, wie mit Schätzungen umzugehen ist, die stark voneinander abweichen.
Projektmanagement Methode: Analytische Schätzmethoden

Projektmanagement Methode: Analytische Schätzmethoden

Methode Projektmanagement: Analytische Schätzmethoden

 

Zur Anwendung der analytischen Methoden muss eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Projekte, die als Vergleichsmaßstab herangezogen wurden, und das zu schätzende Projekt müssen vergleichbar sein.
  • Es muss eine breite Datenbasis aus ähnlichen Projekten in der Vergangenheit vorhanden sein. Die Zahl dieser Projekte sollte mindesten 50 betragen, da die Datenmenge sonst nicht ausreicht, um einer Normalverteilung zu genügen.
  • Die Projektumwelt darf sich nicht so weit verändert haben, dass eine Vergleich-barkeit nicht mehr gegeben ist.
  • Der Zusammenhang zwischen dem Projektaufwand und den Parametern muss nicht nur mathematisch, sondern auch objektiv-logisch vorhanden sein.
  • Die Parameter müssen sowohl bei den vergangen Projekten, als auch bei den künftig zu schätzenden Projekten leicht ermittelbar sein.

Viele Unternehmen haben zur Feststellung von Kennzahlen, die der Schätzung dienen, eine Projektdatenbank angelegt. In der Datenbank sollten dabei folgende Informationen zu den einzelnen Arbeitspaketen der vergangenen Projekte abgelegt werden (SCHELLER (1999), S. 24):

  1. Beschreibung des Arbeitspaketes oder der Komponenten
  2. Name und Adresse des Anbieters (soweit die Leistung gekauft wurde)
  3. Das Datum an dem mit dem Arbeitspaket begonnen wurde.
  4. Dauer des Arbeitspaketes
  5. Ort der Ausführung und ausführende Organisationseinheit
  6. Aufgewendete Arbeitsstunden
  7. Aufgewendete Materialien und Materialkosten
  8. Gerätekosten
  9. Spezielle Vertragsbedingungen und Situationen

Diese Aufstellung zeigt, dass bei der Anlage einer solchen Datenbank ein erheblicher Aufwand betrieben werden muss. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei einer vollständigen Projektplanung und durch das reguläre Projektcontrolling und Berichtswesen, alle Daten sowieso erhoben werden. Lediglich das Eintragen in eine Projektdatenbank entsteht als zusätzlicher Aufwand.

Vergleichsmethoden

Die Vergleichsmethoden beruhen auf einem Vergleich zwischen Projekten. Bei der Vergleichsmethode wird von vergangenen ähnlichen Projekten auf das aktuelle Projekt geschlossen. Sie sind relativ ungenau. Der Vorteil dieser Methoden liegt darin, dass sie leicht und schnell zu realisieren sind. Ein Vergleich der Leistungsdaten führt dann zu einer Schätzung des Gesamtaufwandes.

Kennzahlenmethoden arbeiten mit einfachen Zusammenhängen zwischen der Kennzahl und dem Wert, der bestimmt werden soll. Kostenkennziffern werden bereits seit vielen Jahrzehnten zur Schätzung verwendet. Sie finden ihre Anwendung zumeist in der Angebotskalkulation, also in einer sehr frühen Projektphase. Beispiele für solche Kostenkennziffern sind:

  • €/ccm umbauter Raum,
  • €/Personenmonat,
  • €/Kg Beton,
  • € / Programmierte Zeilen
  • € / Serverstunde.

Kilokostenmethode

Die Kilokostenmethode gehört zu den Schätzverfahren die mit Kostenkennziffern arbeiten (PLINKE (1998), S. 129 f.).

Kilokostenmethode

Wenn die gesamte Projektkalkulation auf solchen undifferenzierten Kennzahlen beruht, die lediglich eine Einflussgröße berücksichtigt, sind die Schätzungen entsprechend unzuverlässig (SCHELLER (1999), S. 19).

„Prozentsatz von“ Methode

Bei dieser Methode müssen die Prozentwerte der Gesamtkosten (Dauer, Arbeit) auf die einzelnen in dem Unternehmen verwendeten Standardphasen verteilt werden. Aus den Kosten, die in einer ersten Projektphase entstehen, werden dann die Kosten für die anderen Phasen hochgerechnet.

ProzentsatzSchaetzung

Eine typische Ausgangssituation zeigt die Abbildung. Wenn jetzt für die Erstellung der Anforderungen/Lastenheft z.B. 25.000 € entstanden sind, dann können die Kosten für die einzelnen Projektphasen hochgerechnet werden.

 

 

Algorithmische Methoden

Die algorithmischen Methoden suchen nach einem formalen Zusammenhang zwischen den zu schätzenden Ergebnisgrößen und dem dafür erforderlichen Aufwand. Die algorithmischen Methoden beruhen immer auf statistischen Methoden. Mit der Regressionsrechnung werden Zusammenhänge zwischen den Projektkosten und einzelnen Parametern bestimmt. Die Ergebnisse werden dann zur Berechnung der Kennziffern verwendet.

Die Überlegung bei diesen Methoden basiert immer darauf, dass aus den Daten abgeschlossener Projekte, ein Zusammenhang zwischen der zu erstellenden Leistung und dem Aufwand ermittelt wird. Dann werden Parameter bestimmt, die eine Bewertung des Aufwandes eines gegenwärtigen Projektes erlauben. Dann wird der Aufwand aufgrund der Ausprägungen der Parameter, bewertet mit den entsprechenden Kennzahlen für das gegenwärtige Projekt bestimmt.
Diese Methoden sind eine Verfeinerung der Schätzung anhand von Kennziffern. Diese wird dadurch erreicht, dass für einzelne Projektabschnitte oder Komponenten, unterschiedliche Kennziffern zugrunde gelegt werden. Die verschiedenen Kostenelemente werden dann addiert. Der funktionale Aufbau hat dann die Form:

AlgorithmenMethode

Dabei stehen (a,b,…,k) für die einzelnen Parameter. Die Indizes (1,2,…,i) beschreiben den jeweiligen Projektabschnitt oder Komponenten und xi steht für die jeweilige Mengeneinheit des Projektabschnittes oder der Komponente.

Ein solches Bündel an Parametern, bei dem die Anzahl der einzelnen Komponenten zur Schätzung genutzt wird, zeigt die nachfolgende Grafik.

SchatzenAlgorithmischeMethode

Parametrische Schätzverfahren

Es gibt zwei bekannte parametrische Schätzverfahren. Beide Verfahren berechnen die Schätzgrundlage aus den Werten vergangener Projekte. Hier werden nur die wichtigsten Grundüberlegungen dieser Modelle dargestellt, da die mathematischen Modelle, die hier zugrunde gelegt werden, sehr komplex sind.

COCOMO (Constructive Cost Model)

Dieses Verfahren existiert seit 1981 und wurde seit diesem Zeitpunkt mehrmals erweitert. Bei der ursprünglichen Version handelt es sich um ein Drei-Stufen-Modell, in dem jede Stufe die Ausführlichkeit der Analyse einer Aufwandsschätzung widerspiegelt.

Die erste Stufe liefert eine erste grobe Schätzung, die zweite verbessert diese Schätzung mit Hilfe einer Reihe von sogenannten Kostentreibern. Auf der dritten Stufe werden die Schätzung-en verfeinert, indem sie auf die verschiedenen Projektphasen herunter gebrochen werden. COCOMO beruht auf einer Kombination von Gleichungen, statistischen Modellen, und Schätzungen von Parameterwerten.

Einige Beispiele für Einflussfaktoren, die berücksichtigt werden.

Produktbezogene Faktoren:

  • Komplexität
  • Erforderliche Zuverlässigkeit
  • Erforderliche Wiederverwendbarkeit
  • Erforderliche Datenbankgröße
  • Anforderungen an die Dokumentation

Personalbezogene Faktoren:

  • Anwendungserfahrung
  • Erfahrung mit Sprachen und Werkzeugen
  • Qualität der Analytiker
  • Qualität der Programmierer
  • Kontinuität der Mitarbeiter

Projektbezogene Faktoren:

  • Zulässige Entwicklungszeit
  • Entwicklung an mehreren Standorten
  • Einsatz von Werkzeugen

Function Point Methode

Die Function Point Methode wird ebenfalls zu den algorithmischen Methoden gerechnet. Basis für die Aufwandsschätzung sind hier fünf ausgewählte Funktionsbereiche des geplanten Projektergebnisses:

  • Eingaben,
  • Ausgaben,
  • Abfragen,
  • Datenbestände,
  • Referenzdaten.

Das zu erstellende System wird entsprechend der Funktionsbereiche gegliedert und in die Elementarfunktionen unterteilt. Für diese Elementarfunktionen erfolgt eine Bewertung der Komplexität.

Der Zusammenhang dieser Einflussfaktoren wird in einem Gleichungssystem berechnet. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Berechnung nach dem Vorliegen des Lastenheftes erfolgen kann und mit zunehmendem Projektfortschritt verfeinert wird. Sie ist relativ leicht er-lernbar und erbringt eine gute Schätzgenauigkeit (MÜLLER-ETTRICH (2003), S. 580).

 

 

Projektmanagement Methode: Schätzverfahren

Projektmanagement Methode: Schätzverfahren

Projektmanagement Methode: Schätzverfahren

Zur Prognose des zukünftigen Aufwandes von Projekten wurde eine Vielzahl an Methoden entwickelt. Sie sind unterschiedlich aufwendig und erbringen sehr ähnlich genaue Ergebnisse.

UbersichtSchaetzverfahren

Ein Vergleich verschiedener Schätzmodelle ist ebenso problematisch wie eine Übernahme eines für ein Projekt erfolgreich angewendeten Schätzmodells auf andere Projekte. Es gibt eine Reihe an Determinanten, die sowohl die Dauer eines Projektes als auch die Kosten beeinflussen und in den meisten Schätzmodellen nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören (SCHNOPP (1999), S. 6):

  • die Komplexität der Aufbauorganisation, z.B. die Zahl der beteiligten Dienststellen.
  • der Umfang der Wiederverwendung von bereits entwickelten Modulen,
  • die Art, Anzahl und Zeitpunkte von Qualitätssicherungsmaßnahmen,
  • etc.

Häufig werden bei der Zeit- und Kostenschätzung einzelne relevante Projektbereiche nicht berücksichtigt. So werden regelmäßig die Kosten der Angebotserstellung und die Garantieleistungen nicht zu dem Projekt zugerechnet, obwohl ein ursächlicher Zusammenhang besteht. In der Praxis zeigt sich häufig, dass z.B. bei der Software-Entwicklung nur 40-50% des gesamten Zeitaufwandes auf die Entwicklung fallen. Der verbleibende Teil des Aufwandes fällt auf die „Wartung“ (also die Fehlerbehebung), auf Anpassungen und Erweiterungen sowie auf die Effizienzsteigerung der Software. Auch wenn der Wartungsaufwand losgelöst vom Entwicklungs-aufwand betrachtet wird, besteht doch ein enger Zusammenhang zwischen der Konfiguration und der Qualitätskontrolle der Entwicklung, und den Wartungskosten, die bei der Projektleistung entstehen (SCHNOPP (1999), S. 8).

Diese Darstellung ist auch nur ein kleiner Ausschnitt der verwendeten Verfahren. Viele Unternehmen entwickeln ihre eigenen Schätzverfahren. Sehr gute Ergebnisse werden auch mit einer Kombination von analytischen Methoden und Expertenschätzungen erzielt. Dabei kommen in einer frühen Projektphase zumeist analytischen Methoden zum Einsatz. Wenn der Leistungserstellungsprozess des Projektes begonnen hat und die Leistungsersteller zur Verfügung stehen, dann erfolgt eine zeitnahe Neubewertung der geschätzten Arbeitspakete durch diese Experten.

 

 

 

 

 

Projektmanagement Methode: Schätzen / Prognose

Projektmanagement Methode: Schätzen / Prognose

Schätzen bedeutet ja nichts anderes, als eine Vermutung darüber anzustellen, wie in der Zukunft etwas sein wird. Entsprechend wird Schätzen auch als Prognose bezeichnet. 

Schätzen ist eine Voraussetzung für die Projektplanung und damit für die Koordination des Leistungserstellungsprozesses. 

Dieser Notwendigkeit zu schätzen steht das Problem entgegen, das Menschen in der Zukunftsprognose ausgesprochen schlecht sind. Im Verlauf der Menschheitsgeschichte sind eine Vielzahl an Methoden die Zukunft zu prognostizieren entwickelt worden. Keine war bisher wirklich erfolgversprechend.

Eine Zukunftsprognose beruht immer auf dem gleichen Schema.

  1. Wir versuchen möglichst viel über das zu prognostizierende Thema zu erfahren. Wir sammeln Informationen und wenn wir wenige Informationen über das Objekt haben, dann treffen wir Annahmen.
  2. Wir schauen in die Vergangenheit zurück und versuchen zu erkennen, wie sich das Thema in der Vergangenheit entwickelt hat. Anders ausgedrückt: Wir nutzen unsere Erfahrung. Diese Erfahrungen können aus systematischen Aufzeichnungen der Vergangenheit bestehen, oder dem was unserer Erinnerungen so zur Verfügung steht. 
  3. Wir verschaffen uns möglichst viele Informationen über das Thema in Bezug zu seiner Umwelt. Wir versuchen also zu erkennen, wie sich die Faktoren, die das zu schätzende Objekt beeinflussen, in der Zukunft entwickeln werden. Wir treffen Annahmen über die Entwicklung der Einflussfaktoren.

Basierend auf diesen drei Informationsarten versuchen wir dann eine Aussage über die Zukunft zu treffen. 

Wie gut wir das können, zeigen uns regelmäßig die Differenzen zwischen den prognostizierten Wahlergebnissen und den realen. Ein noch besseres Beispiel, um zu erkennen, was die Qualität unserer Prognose beeinflusst, ist das Wetter.

 

Der Schätzfehler – also die Abweichung zwischen Schätzung und Realität ist umso größer, je weiter in der Zukunft ein Ereignis liegt und je größer die Einheit ist, die wir prognostizieren. Ein dritter Faktor der die Prognose beeinflusst ist das Wissen über das Thema zu dem wir eine Prognose abgeben. Je genauer wir es kennen, umso besser ist die Prognose. Je mehr Annahmen wir über das Objekt treffen müssen, umso ungenauer ist die Schätzung.

Schaetzfehler

Wenn der Auftraggeber beginnt über seine Anforderungen nachzudenken, dann muss die Schätzung ungenau sein, denn er weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie das Projektergebnis gestaltet ist. Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch keine Konfigurationsbeschreibung, eine Umfeldanalyse hat noch nicht stattgefunden, die Stakeholder sind noch nicht bekannt und über die Leistungsfähigkeit des Projektteams kann auch noch keine Aussage gemacht werden.

Eine Vorhersage über die zukünftigen Kosten, Leistungen oder Zeiten im Projekt wird eine extrem große Fehlerquote aufweisen.

Je genauer die Informationen zu der Projektleistung und dem Leistungserstellungsprozess sind etc., umso genauer wird die Prognose sein. Das bedeutet auch, dass der Projektleiter, der für die Prognose verantwortlich ist, zunächst einmal viele Informationen beschaffen muss, damit die zu erwartende Genauigkeit der Prognose steigt.

Und das immer in dem Bewusstsein, dass er viel Arbeit, Zeit und Ressourcen verwendet, um ein Ziel anzustreben, dass er niemals ganz erreichen wird. 

UnsicherheitProjektphasen

Stellen wir die Frage, wie sich die Unsicherheit der Prognose über die Projektmanagementphasen entwickelt, dann zeigt sich, dass es in Projekten nur eine Reduktion der Unsicherheiten gibt – aber keine Sicherheit. Vor dem Projekt liegt die Unsicherheit bei 100%. In der Initialisierungsphase werden die Eckdaten für das Projekt festgelegt. Hier erfolgt eine sehr grobe Schätzung von Projektleistung, Projektdauer und Projektkosten. Da die Projektleistung aber noch nicht genau beschrieben ist, folgen diese Schätzungen eher den Wünschen des Auftraggebers, als der konkreten Projektsituation. Wenn die Projektleistung in der Definitionsphase genauer bestimmt wird, dann reduziert sich die Unsicherheit erheblich. Aber eine konkrete Aussage über den Arbeitsaufwand, der in dem Projekt entsteht, ergibt sich erst, wenn die Planung abgeschlossen wird. Durch die Planung findet, wenn sie detailliert genug ist und wenn der Aufwand für die Schätzung groß genug ist, eine umfangreiche Unsicherheitsreduktion statt. In der Steuerungsphase, bzw. während der eigentlichen Leistungserstellung, werden die Prognosen mit der Realität konfrontiert. Mit zunehmendem Projektfortschritt und einer Anpassung der Schätzungen, an die Erfahrungen der Wirklichkeit, wird die Unsicherheit weiter reduziert. Beim Projektabschluss, wenn eine Nachkalkulation stattgefunden hat, können die Projektkosten sehr genau benannt werden. Allerdings kennen wir zu diesem Zeitpunkt nur den Aufwand, der innerhalb des Projekts entstanden ist. Den Aufwand, der entstehen wird, weil die Qualität der Projektleitung nicht den Anforderungen entspricht und darum nachgearbeitet werden muss, kennen wir erst, wenn die Garantiezeit für das Projekt beendet ist, und damit spätestens am Ende des Lebenszyklus der Projektleistung.

Die Genauigkeit der Prognose steigt mit dem, was die Schätzer über das Projekt wissen. Eine Schätzung kommt erst wenn die Planung bis zur Erstellung der Arbeitspaketbeschreibungen fortgeschritten.

SchatzungVorarbeiten

Erst durch eine möglichst exakte Konfigurationsbeschreibung kann bestimmt werden, was durch das Projekt erstellt werden soll. Wenn diese Konfiguration als Baseline festgeschrieben wird, hat das Projektteam die Möglichkeit einen Projektstrukturplan zu erstellen, der alle Tätigkeiten, die durchgeführt werden müssen, enthält. Zur Vorbereitung der Schätzung werden die Arbeitspakete so exakt wie möglich beschrieben.
Dann wird eine Vergleichsbasis gesucht. Diese Vergleichsbasis kann auch ein Vergleichsprojekt sein, oder ein „Normal-Projektablaufplan“, der aus mehreren Projekten der Vergangenheit zusammengestellt wurde.
Dann werden die Annahmen beschrieben unter denen die Schätzungen durchgeführt werden. Aufgrund der Informationen werden dann die Schätzungen für die einzelnen Arbeitspakete durchgeführt. Die Ergebnisse der Einzelschätzungen der Arbeitspakete werden dann zu der Schätzung für das Gesamtprojekt addiert. Sowohl die Annahmen, als auch die geschätzten Aufwendungen werden notiert. Beides ist wichtig, um eine Nachvollziehbarkeit der Schätzung zu garantieren.

Unterbrechen wir hier unsere Überlegungen zum Schätzen kurz und stellen die Frage: Warum wird dieser ganze Aufwand betrieben, wenn das Ziel nicht erreicht werden kann? Die Antwort finden wir, wenn wir uns fragen wer diese Informationen glaubt zu benötigen.

Die Erfolge von agilen Projekten zeigen uns, dass das Team, das die Projektleistung erstellt, im Verlauf des Projektes eine sich entwickelnde exakte Konfigurationsbeschreibung benötigt. Diese detaillierte Konfigurationsbeschreibung muss aber zu Beginn des Projektes nicht vorliegen. Genau beschrieben sein muss nur das Ergebnis (Inkrement), das in der nächsten Timebox erreicht werden soll. Alle anderen Informationen und Schätzungen können im Projektverlauf entstehen, ohne dass der Leistungserstellungsprozess dadurch gestört wird. Im Gegenteil, die agilen Methoden unterstellen ja, dass die Leistungserstellung hier effizienter und effektiver verläuft. Fazit: Wer das die Leistung erstellende Team noch der Projektleiter benötigt, ist eine frühe Schätzung. Lediglich der Arbeitsaufwand der nächsten kurzfristigen Schritte ist für die Leistungserstellung hilfreich.

Aber wenn der Projektleiter und sein Team keine Schätzung brauchen, warum werden sie dann gemacht? Wer benötigt diese Informationen?

Meistens besteht der Kunde auf einer genauen Prognose. Er stellt die Frage nach einem Kostenvoranschlag. Er will, bevor er den Auftrag vergibt, genau beschrieben haben, was er bekommt. Er will vorher wissen, wieviel Geld er für die Leistung zur Verfügung stellen muss. Er benötigt einen Business Plan, der ihm sagt, ob sich die Investition in dieses Projekt lohnt. Und natürlich braucht er auch die Information, wann ihm die Projektleistung zur Verfügung stehen wird.

Vereinbart der Kunde einen Werkvertrag und einen Festpreis, dann ist auch der Auftragnehmer auf eine möglichst gute Prognose angewiesen. Sonst ist das Risiko eines Verlustes für ihn groß. Besteht ein Dienstvertrag und der Auftragnehmer stellt nur die Mitarbeiter zur Verfügung, dann benötigt er diese genau Vorhersage eher nicht. Aber der Auftraggeber wünscht sich  natürlich diese Prognose, um sein eigenes Unternehmen in Bezug auf die Personalplanung, Finanzplanung, Gewinnplanung, etc. koordinieren zu können. 

Je genauer die von dem Kunden geforderte Prognose ist, umso größer ist der Aufwand, der betrieben werden muss um Informationen über die Zukunft zu beschaffen und zu berechnen. Natürlich immer in der Gewissheit, dass diese Prognoseergebnisse immer nur eine Annäherung an die zukünftige Wirklichkeit sein werden. Entsprechend größer sind auch die Kosten die durch diese Prognose entstehen und entsprechend länger ist die Projektzeit, die für die Prognose verwendet wird.

Wenn wir den Wunsch von Auftragnehmer und Auftraggeber nach einer frühen Prognose ignorieren würden, was bräuchte der Projektleiter und Team dann zur Leistungserstellung?

Eine Leistungsbeschreibung, die zumindest den nächsten Schritt genau beschreibt und die Arbeitspaketbeschreibungen, die genau Anweisungen für die Leistungsersteller erhalten, sowie einen (recht groben) Projektstrukturplan, der die zukünftigen Tätigkeiten übersichtlich darstellt, sowie einen Netzplan, der die Reihenfolge des Leistungserstellungsprozesses enthält (aber keine Aussagen über die Dauer der einzelnen Arbeitspakete (Vorgänge) oder die Kosten. Natürlich ist eine gewisse Projektsteuerung – im Sinne der Koordination der Leistungserstellungsprozesse notwendig, damit die benötigten Materialien frühzeitig bestellt werden können oder das notwendige Know-how zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht. – Aber, wenn die Projektdauer unwichtig ist, dann ist noch nicht einmal das notwendig, weil das Projektteam dann halt die Arbeit unterbricht, bis das fehlende verfügbar ist. Das Projekt dauert dann halt länger. 

Halten wir also fest: Die Notwendigkeit eine Prognose über die zukünftige Projektleistung, Projektdauer und Projektkosten möglichst exakt zu erstellen, ergibt sich aus dem Kundenwunsch (und zum Teil aus dem Wunsch des Auftrag nehmenden Unternehmens). Diese Notwendigkeit entsteht nicht aus der Projektmanagement-Methode. Projektleiter und Projektteam können den Leistungserstellungsprozess ohne diese Prognosen genau so effektiv und effizient durchführen.

 

Botton Up und Top-Down Schätzungen im Projektverlauf.

TopDownBottomUp

Beim Schätzen gibt es zwei grundsätzliche Vorgehensweisen. 

Bei der Top-Down Schätzung werden zunächst die größten Einheiten geschätzt. Ausgehend von diesen Schätzergebnissen wird die Frage gestellt, wie sich diese Schätzwerte auf die nächst kleiner Einheit verteilen. In dem Beispiel wird also zunächst geschätzt, was das Gesamtprojekt kostet. Dann wird geschätzt, wie hoch die Kosten für die einzelnen Phasen sind. Ausgehend von diesen Schätzungen wird dann geschätzt, wie hoch die Kosten in Phase 2 für die Teiltätigkeiten 2.1; 2.2; 2.3 sind. Dieses Vorgehen wird für alle anderen Projektstrukturplan Elemente weitergeführt.

Das Top-Down verfahren findet zumeist zu einem frühen Planungszeitpunkt Verwendung, wenn die genauen Tätigkeiten innerhalb der einzelnen Arbeitspakete noch nicht bekannt sind. 

Hier kommt es zu einer Art Fehlerfortpflanzung: Der Schätzfehler, der bei der Schätzung der Gesamtprojektkosten entsteht, wird auf die einzelnen Projektphasen verteilt. 

Diese Schätzmethode ist also als Schätzung wenig sinnvoll. In der praktischen Nutzung wird hier etwas als Schätzung bezeichnet, das eher als „die gewünschten Kosten des Auftraggebers auf die Projektphasen verteilen“ bezeichnet werden kann. Es findet also keine Prognose statt, sondern eine Festlegung von außen. Die festgelegten Kosten werden lediglich verteilt. Dieses Vorgehen ist recht einfach und die geschätzten Projektgesamtkosten entsprechen immer dem Kundenwunsch. Der Zusammenhang zwischen den geschätzten Gesamtkosten und den Gesamtkosten des Projektes besteht hier eher nicht.

Diese Aufteilung der Gesamtkosten (Zeiten, Ressourcen) auf die einzelnen Phasen des Projektes zeigt in einer ersten Überschlagsrechnung wieviel Aufwand für die einzelnen Phasen des Projektes zur Verfügung stehen. Diese Informationen bieten natürlich eine gute Basis für die Planung. Sie ersetzen jedoch keine Prognose des Projektaufwandes.

Die Botton Up Schätzung wird er dadurch ermöglich, dass die Tätigkeiten (Arbeitspakete) des Projektes detailliert beschrieben sind. Das ist natürlich erst dann möglich, wenn eine genaue Beschreibung der Konfiguration erstellt wurde und wenn die einzelnen Tätigkeiten zur Konfigurationserstellung im Detail bekannt sind.

Dann kann, basierend auf der Beschreibung der einzelnen Arbeitspakete eine Schätzung des Aufwandes für jedes einzelne Arbeitspaket durgeführt werden. Die Schätzungen für die einzelnen Arbeitspakete werden dann addiert. Sie sind dann die Schätzung für die nächstgrößere Einheit. Die realistischen Prognosen werden erzielt, wenn die Leistungsersteller, also die Projektmitarbeiter zeitnah schätzen wie groß der Aufwand ist, der entsteht, wenn sie das Arbeitspaket erstellen.

Viele Unternehmen schaffen sich hier die Schätzfehler selber. Die Teams erhalten die Schätzungen der vorher durchgeführten Top-Down Schätzungen als Vorgaben. Wenn sie diese Werte überschreiten erhalten sie die Anweisung, dass ihre Schätzung zu hoch ist und „dass das aber schneller/billiger gehen muss“. In ihrer Rolle als folgsame Mitarbeiter passen sie ihre Schätzung dann auf die Wünsche ihrer Vorgesetzten an. – In den nachfolgenden Schätzungen übernehmen sie dann einfach „die Vorgaben“. 

 

Jede Prognose basiert auf Annahmen über die Zukunft. Ändern sich die Annahmen, dann ändern sich zwangsläufig auch die Schätzungen. Leider zeigt sich in der Praxis, dass die Schätzungen bestehen bleiben, wenn sich die Annahmen ändern. Häufig wird nur das Schätzergebnis schriftlich fixiert, während die Annahmen nicht aufgezeichnet werden.

Das Aufschreiben der Annahme ist natürlich mit einem extrem großen Aufwand verbunden und damit wird die Prognose selber natürlich extrem aufwendig. Diesem Aufwand gegenüber steht der Vorteil, das Entstehen einer Schätzung nachvollziehen zu können. Schätzabweichungen zwischen verschiedenen Schätzern werden zumeist durch unterschiedliche Annahmen verursacht. Eine Voraussetzung für eine gemeinsame Schätzung besteht immer darin, zunächst über die getroffenen Annahmen zu reden.

Jede Prognose basiert auf Erfahrungen der Vergangenheit. Diese Aussage gilt unabhängig davon, ob eine Schätzung von einer Einzelperson durchgeführt wird oder auch einer analytischen Methode beruht.

SchaetzenVergangenheit

Ein einzelner Mensch, der aufgrund seiner „Erfahrung“ schätzt, entwickelt eine Prognose basierend auf seiner Erinnerung. Das birgt natürliche alle Probleme, die in der „Erinnerung“ des Menschen liegen. Die Qualität von Erinnerungen sind ja bei Zeugenaussagen, die auf der Erinnerung von Menschen basieren ausreichend untersucht worden. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen natürlich auch bei einer Schätzung, die auf individuellen Erinnerungen basiert.

Eine Datenbank, die Kosten, Dauer, Arbeitszeiten, etc. von ähnlichen Tätigkeiten aus vergangenen Projekten aufzeichnet, lässt wesentlich bessere Ergebnisse erwarten, da die Zahlen auf denen diese Schätzungen basieren zumindest objektiv sind. 

Damit ist allerdings immer noch nicht sichergestellt, dass die Tätigkeiten auch wirklich vergleichbar sind. Auch in der Bewertung der Daten steckt eine recht interessante Fragestellung. Werden die neueren Daten höher gewichtet, als die älteren? Welche Daten werden aus Ausreißer bewertet und fließen in die Prognose nicht ein? Ist der Durchschnittswert oder der Median relevant? Häufig scheitert eine Auswertung der Daten bereits an der geringen Zahl an vorhandenen Daten, die eine statistische Auswertung nicht erlauben.

Die Erfahrungen der Vergangenheit müssen natürlich vor dem Hintergrund der Annahmen über die Zukunft bewertet werden. Hier werden Annahmen darüber getroffen, ob die Rohstoffpreise steigen oder fallen, wie sich die Lohnkosten entwickeln oder wie hoch die Motivation des Teams in der Zukunft sein wird. Mathematische Modelle haben den Vorteil, dass die Annahmen über die zukünftigen Einflussfaktoren transparent sind. Sie haben allerdings den Nachteil, dass meistens nur wenige Annahmen berücksichtigt werden. Das „menschliche Bauchgefühl“ berücksichtigt meistens wesentlich mehr Einflussfaktoren – leider macht es diese nicht transparent. 

Eine generelle Aussage über die Qualität von mathematischen oder „subjektiven Bauchschätzungen“ ist leider nicht möglich. Betrachten wir die mathematischen Schätzungen der Entwicklung von Aktienkursen, dann zeigt sich die Bandbreite der Ergebnisse, die mit mathematischen Schätzungen möglich sind. Der Wahrheitsgehalt dieser Schätzmodelle lässt sich dann an der Anzahl der Fehlinvestitionen ablesen.