Bertram Koch
Unternehmensberater
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Historisches Fechten

Historisches Fechten ist für mich ein geschichtliches Thema.

 In den historischen Manusskripten zeigt sich vieles von dem Denken der Menschen des späten Mittealters. Es ist einerseits das Vertrauen in Gott, aber auch die pragmatische Form, mit der sie selbstverständlich mit Verletzungen, Leben und Tod in einer Umwelt umgegangen sind, die wesentlich gefährlicher und gewalttätiger war, als unsere heutige.
Hier zeigt sich eine andere Einstellung zu Veränderungen im Leben und wie ein Mensch mit diesen Veränderungsmöglichkeiten leben und trotzdem frohen Mutes sein kann, obwohl die Risiken des Lebens um ein vielfaches größer waren als unsere heutigen.

Zunächst einmal hat Fechten im historischen Sinne nur zum Teil etwas mit einem Schwert zu tun. Ein Fechtmeister muste eine Vielzahl an Waffen (Langes Schwert, Langes Messer, Stange, Schwert u. Bucker, Dolch, etc.) und das Ringen beherrschen. Wobei hier die Nutzung dieser Waffen als Sportgeräte, Duellwaffen und Selbstverteidigungsinstrumente im Vordergrund steht. Aber alle Waffen werden nach den gleichen Prinzipien verwendet. Kannst Du mit einer umgehen, dann mache es mit der Anderen so ähnlich.
Es ist eine ständige Suche nach Analogien, nach Regeln, die in dem einen gelten und sich auf das Andere übertragen lassen. Analoges Handeln bedeutet ähnliches Handeln, nicht gleiches Handeln. Gleiches Handeln führt zumeist zu einem Misserfolg. Analoges Handeln ist das, was wir ständig benötigen, um uns in neuen Situationen zurecht zu finden. Sie geben uns die Möglichkeit, aus unseren Erfahrungen zu lernen und in einer neuen Situation situationsgerecht zu handeln, weil wir analog zu einer alten Situation handeln. Dieses Denken wird im Fechten mit unterschiedlichen Waffen geschult..

Historische Fechter sind "Buchfechter". Wir arbeiten mit historischen Quellen und versuchen den hier beschriebenen Techniken ein neues Leben einzuhauchen. Ausgangspunkt sind alte Handschriften, in einem Deutsch des 1400 bis 1600 Jahrhunderts geschrieben. Was im Einzelnen gemeint ist, ist häufig eine Frage der persönlichen Interpretation.
Es gibt hier kein eindeutiges "Richtig oder Falsch". Je nachdem wie die Texte gelesen werden ist die Eine - oder die Andere Interpretation wahrscheinlicher. Natürlich hat jeder Lehrer seine eigene Interpretation von der er überzeugt ist - bis er eine bessere findet. Aber ebenso natürlich respektiert er die Interpreation des anderen Lehrer, weil er sich bewusst ist, dass der Andere auch Recht haben könnte. Es gibt kein Schwarz und Weiss - aber vieles dazwischen.
Entscheidend ist: Es muss funktionieren. Aber vieles funktioniert und ist eine logische Interpretation.

Fechten lehrt in komplexen Situationen richtig und schnell zu entscheiden. Dieser Fechtstil hat wenig mit Kraft und dumpfem Draufschlagen zu tun. Auch nicht mit dem, was als Schaukampf auf Mittelaltermärkten oder im Fernsehen zu sehen ist. Es geht um Winkel, um das Fühlen von Druck und Druckrichtung und um das intellektuelle Verstehen und körperlichem Erfahren von angewandter Physik.
Es ist ähnlich eine ständige Abfolge von Ursache und Wirkung: Wenn ...,dann...Wenn das nicht ..., dann...,Aktion und Reaktion, unmittelbar und direkt. Es ist eine Reduktion einer unendlichen Zahl an Möglichkeiten auf die wenigen, die funktionieren und direkt zu dem gewünschten Effekt führen. Natürlich immer nur, soweit der Andere nicht eine passende Reaktion zeigt, die die ganze Situation verändert. Wenn keiner der Fechter einen Fehler macht, kann man studenlang fechten, denn für jede Technik gibt es mindestens eine Gegentechnik. Wir lernen: Es gibt nicht den einen "besten Weg". Es gibt immer eine alternative Handlungsmöglichkeit, die doch noch einen Erfolg verspricht".

Fechten ist auch ein Kampfsport. Es ist Kampf, bei dem jeder gewinnen möchte und Sport bei dem Fairness und "Achten auf den Partner" eine besonders große Rolle spielen, den Fechten mit Metallschwerter, etc. ist wesentliche gefährlicher als andere Kampfsportarten.
Das erste was man lernen muss, ist sich so zu verhalten, dass der Partner auf keinen Fall verletzt wird. Das erfordert viel Übung und Präzision. Inbesondere erfordert es den unabdingbaren Willen den Anderen nicht zu verletzen. Diesen Menschen gegen den man gewinnen möchte, mit Respekt und als Mensch zu sehen, auch wenn er ein Gegner ist.

Fechten ist risikoreich und Fehler sind schmerzhaft. Das Risiko für ernsthafte Verletzungen ist gering, soweit sich alle Beteiligten verantwortungsbewusst verhalten und entsprechende Schutzausrüstung tragen. Aber es besteht immer, sobald Metallschwerter und Holzschild im Spiel sind. Es erfordert ein recht großes Maß an Mut sich auf diese Situation überhaupt einzulassen. Was (ver)sehrt, das lehrt sagt ein altes Fechtbuch.
Risiken eingehen weil ein Mensch nur dann gewinnen kann, wenn er kämpft. Mit dem Verlieren fertig zu werden und dann noch einmal das Risiko eingehen noch einmal zu verlieren. Über das Verlieren gegen den Gegner/Partner nicht agressiv werden. Die eigenen Verletzungen akzeptieren, aber auch die Verletzungen des Anderen. Im richtigen Augenblick zurück ziehen, im richtigen Augenblick angreifen. Schnell die richtigen Entscheidungen unter Risiko zu finden. Genau das lernt ein Mensch beim Fechten.
Aber auf am jeden Fall lehrt es, dass derjenige, der nicht handelt immer verliert.

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