Projektmanagement Methode: Änderungsmanagement
Das Änderungsmanagement nimmt in einem Projekt eine entscheidende Rolle ein und muss daher konsequent und gewissenhaft durchgeführt werden. Änderungen in einem Projekt können häufig auftreten und weisen nicht automatisch darauf hin, dass das jeweilige Projekt zu ungenau geplant wurde. Das Änderungsmanagement dient eher dazu, die zu Beginn eines Projekts noch nicht exakt vorhersehbare oder unerwartete Entwicklungen zu berücksichtigen, zu steuern und in den weiteren Projektverlauf einzubinden. Über das Änderungsmanagement können Änderungen identifiziert, genau beschrieben, eingeordnet, genehmigt und eingeführt werden. Voraussetzung für ein effektives Änderungsmanagement ist eine definierte Bezugskonfiguration (Ausgangszustand), anhand der Änderungen identifiziert und bei Genehmigung in die Bezugskonfiguration eingegliedert werden können.
Das Änderungsmanagement umfasst alle Maßnahmen zur:
- Identifizierung, Beschreibung und Einordnung von Änderungen
- Beantragung, Erfassung, Genehmigung und Einführung von Änderungsanträgen
- Dokumentation der genehmigten Änderungen und Anpassung der Bezugskonfiguration für zukünftige Änderungen
Der Änderungsprozess
Antragsstellung (Änderungsantrag)
Änderungen sind hierbei möglichst eindeutig zu beschreiben und zu begründen, damit projektseitige Auswirkungen abgeschätzt und beurteilt werden können. Zu den Auswirkungen zählen nicht nur der Einfluss auf das Ergebnis, die Qualität oder der Aufwand des Projekts/der Teilaufgabe, sondern auch zum jetzigen Zeitpunkt unbekannte Auswirkungen auf andere Teile.
Änderungskoordination: Klärung der Auswirkungen
Alle Anträge werden bei der zum Änderungsmanagement zugehörigen Änderungsstelle gesammelt. Diese Stelle überprüft die Anträge, schätzt Auswirkungen ab (Schnittstellen, Partner, Termine, Kosten, …) und bereitet den Änderungsantrag für eine Abstimmung vor.
Änderungsklassifizierung
Für einen effektiven Ablauf werden Änderungsanträge dann nach dem Grad der Dringlichkeit oder der Auswirkungen klassifiziert und gegebenenfalls weiterer Entscheidungskompetenzen zugeordnet.
Genehmigungsverfahren
Die Anträge werden auf der Änderungskonferenz vorgelegt und vom Konfigurationsausschuss beurteilt. Besitzt der Ausschuss die entsprechende Entscheidungskompetenz, kann der Antrag von ihm selbst genehmigt werden. Andernfalls wird der Antrag mit einer Empfehlung des Ausschusses an eine höhere, der Klassifizierung zugeordneten Entscheidungskompetenz weitergeleitet.
Die Änderungsstelle führt Protokoll über die Entscheidungen und veranlasst die Änderungen.
Änderungsveranlassung
Die Änderungsstelle informiert alle betroffenen Stellen über die durchzuführenden Änderungen. Dazu dient entweder der genehmigte Änderungsantrag oder eine Änderungsanweisung, die beide Anweisungscharakter haben.
Durchführung und Freigabe
Die Änderungen werden nun in bestehende Dokumente eingepflegt. Vor der Freigabe zur Verwendung erfolgt neben einer formalen, bestenfalls auch eine inhaltliche Prüfung der Anpassungen. Außerdem kann geprüft werden, ob die Änderung anhand der Genehmigung umgesetzt wurde oder nicht. Wichtig ist hierbei, dass ohne die Freigabe keine Änderungen am Produkt selbst durchgeführt werden dürfen.
Dieser Änderungsprozess ist sehr stark formalisiert. Natürlich ist er nicht in jedem Projekt notwendig. Wenn der Projektleiter mit einem internen Projekt beauftragt ist, das lediglich einen Entscheider hat, der in einem direkten persönlichen Kontakt zu dem Projektleiter steht, ist dieser Prozess viel zu komplex und zu aufwendig. Hier reicht häufig eine persönliche Absprache zwischen Projektleiter und Auftraggeber über die Änderung und die daraus entstehenden Folgen.
Auch wenn die Projektmitarbeiter in einem Dienstvertragsverhältnis zu dem Auftraggeber stehen, ist dieser Änderungsprozess nicht notwendig. In diesem Fall arbeiten die Projektmitarbeiter (incl. des Projektleiters) lediglich als Erfüllungsgehilfen für den Auftraggeber. Die Verantwortung für die Projektleistung liegt beim Auftraggeber und damit auch das gesamte Risiko. Was er in diesem Fall ändern möchte und insbesondere die Auswirkungen der Änderungen liegen ausschließlich bei dem Auftraggeber.
Wesentlich formaler muss der Änderungsprozess behandelt werden, wenn das Projekt, z.B. in Verbindung mit einem Werkvertrag, erstellt wird. Dann liegt dem Projekt die Vereinbarung über eine bestimmte zu erbringende Leistung zugrunde. Die Verantwortung für die Qualität der Leistung liegt beim Auftragnehmer und dem von ihm beauftragten Projektleiter. Eine Änderung an der Projektleistung, also Vertragsänderung, kann dann nur mit Einverständnis beider Vertragsparteien erfolgen. Da jede Änderung an der in der Konfiguration vereinbarten Projektleistung, auch eine Änderung eines schriftlichen Vertrages bedeutet, muss diese Konfiguration schriftlich geändert werden und es muss dokumentiert werden, dass die beiden Vertragsparteien über die Änderungen informiert sind.
Sind viele verschiedene Personen, mit unterschiedlichen Interessen und aus verschiedenen Unternehmen an dem Entscheidungsgremium des Projektes beteiligt, wird die Entscheidungssituation über eine Änderung wesentlich schwieriger. Entsprechend notwendig ist eine Dokumentation und formale Freigabe jeder Änderung durch dieses Entscheidungsgremium.
Auf keinen Fall darf eine Entscheidung über Änderungen vom Projektleiter selber getroffen werden. Er ist in seiner Rolle als Projektleiter nur "Erfüllungsgehilfe". Er unterstützt das Leistungserstellungsteam bei der Koordination des Leistungserstellungsprozesses, aber er bestimmt in seiner Rolle als Projektleiter nicht, welche Leistung erstellt wird oder welche Ressourcen für die Leistungserstellung zur Verfügung stehen.
Der formale Änderungsantrag
Natürlich kann auch in diesem Fall das Protokoll einer Besprechung, das die nachfolgenden im Änderungsantrag beschriebenen Informationen enthält, einen formalen Änderungsantrag ersetzen. Wesentlich ist lediglich, dass eine dokumentierte Freigabe für die Änderung erteilt wurde und dass die Änderung auch in der Konfiguration dokumentiert wird.
Mit diesem Änderungsantrag werden nicht nur die Änderungen freigegeben, sondern auch die Folgen der Änderungen für das Projekt genehmigt und vom Änderungsausschuss akzeptiert.